Eine Familie buchte im Internet eine Reise nach Hurghada. Aufgrund einer Fehlbedienung der Buchungsseite buchte die Familie die selbe Reise versehentlich ein zweites Mal. Bei der zweiten Buchung handelt es sich um die selben Reisedaten, das selbe Hotel und den selben Reiseveranstalter.

Nachdem die Familie den Fehler bemerkte, stornierte sie die zweite Reisebuchung. Hierfür wurde jedoch eine deutliche Stornogebühr gemäß der Vertragsbedingungen verlangt.

Das Landgericht Frankfurt hat in diesem Fall entschieden, dass die Familie die zweite Reise kostenlos stornieren durfte, da es gegen das Gebot von Treu und Glauben verstoße, an beiden Reiseverträgen festzuhalten. Denn es liege hier eine offensichtliche und versehentliche Doppelbuchung vor, was dem Vertragspartner hätte auffallen müssen. Da die Familie die Reise nicht doppelt und gleichzeitig in Anspruch nehmen könne, müsse sie die Möglichkeit zur kostenlosen Stornierung haben.

Landgericht Frankfurt (Main), Urteil vom 01.09.2011 , Az. 2 – 24 S 40/11


Landgericht Frankfurt/Main

Aktenzeichen: 2 – 24 S 40/11

Im Namen des Volkes

Urteil

Laut Protokoll verkündet am: 1.9.2011

(K.), Justizfachangestellte als U.d.G.

In dem Rechtsstreit

Klägerin und Berufungsklägerin

Prozessbevollmächtigter: …

gegen

Beklagter und Berufungsbeklagter

Prozessbevollmächtigte: …

hat die 24. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt/Main durch Vorsitzender Richter am Landgericht Sauer, Richter am Landgericht Peppler, Richter am Landgericht Urbach aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28.7.2011 für Recht erkannt:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 21.1.2011 verkündete Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main, Außenstelle Höchst – Az. 383 C 2325/10 (43) – wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

Von der Wiedergabe der tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts und der Darstellung etwaiger Änderungen und Ergänzungen wird abgesehen (§§ 540 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO).

Die zulässige, insbesondere fristgemäß eingelegte und fristgemäß begründete Berufung der Klägerin ist in der Sache nicht begründet.

Das Amtsgericht hat im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen.

Der Klägerin steht kein Anspruch auf Zahlung einer Stornopauschale für die am 25.6.2009 um 20.51 Uhr über das Internet gebuchte Reise gemäß § 651 i BGB zu. Zwar ist nach den vorgelegten Unterlagen davon auszugehen, dass der Beklagte am 25.6.2009 um 20.51 Uhr über das Internetportal … eine Reise für sich und seine Familie in der Zeit vom 29.6.2009 bis 6.7.2009 nach Hurghada zum Preis von 1.076 € gebucht hat. Dafür, dass von dem Beklagten über das Internet eine elektronische Buchung abgesendet wurde, spricht der Umstand, dass die Klägerin in der Lage war, entweder um 22.08 Uhr des 25.6.2009 oder um 0.08 Uhr des 26.6.2009 eine Reisebestätigung mit den Angaben zur Reise an den Beklagten zu versenden. Für die Annahme des Angebots des Beklagten zum Abschluss eines Reisevertrages kommt es dabei entgegen der Auffassung des Amtsgerichts nicht darauf an, ob dem Beklagten eine Eingangsbestätigung seiner Buchung durch den Internetanbieter übersandt wurde. Denn diese Buchungseingangsbestätigung des Internetanbieters stellt nicht die Annahmeerklärung des Reiseveranstalters dar, sondern bestätigt nur den Eingang der Buchung. Der Reisevertrag kommt vielmehr erst durch die Übersendung der Reisebestätigung durch den Reiseveranstalter zustande.

Gleichwohl kann die Klägerin keine Stornopauschale wegen eines Rücktritts des Beklagten verlangen, weil das Festhalten an dem Reisevertrag unredlich ist und gegen Treu und Glauben i. S. d. 242 BGB verstößt.

Denn wie nunmehr unstreitig ist, hat der Beklagte noch am gleichen Abend des 25.6.2009 über ein Reisebüro eine weitere Reise bei der Klägerin zum nahezu gleichen Zeitraum im gleichen Hotel gebucht. Dies ergibt sich aus der von dem Beklagten vorgelegten Reisebestätigung vom 25.6.2009, 21.30 Uhr. Aus dieser bei dem Reisebüro … im … in … ausgedruckten Bestätigung ergibt sich, dass der Beklagte für die Zeit vom 28.6.2009 bis 5.7.2009 eine Reise für sich und seine Familie in das gleiche Hotel in Hurghada gebucht hat.

Aufgrund dieser erneuten Buchung der Reise ist klar und auch für die Klägerin erkennbar, dass der Beklagte nur eine Reise wahrnehmen kann und die Klägerin nur eine der geschuldeten Reiseleistungen erbringen kann, weil der Beklagte weder Flug noch Aufenthalt gleichzeitig doppelt in Anspruch nehmen kann. Es drängt sich damit für die Klägerin auf, dass der Beklagte versehentlich die Reise doppelt gebucht hat und er die Reiseleistungen offensichtlich nur einmal in Anspruch nehmen möchte. Angesichts der Namensgleichheit sämtlicher Reiseteilnehmer kommt es auch nicht darauf an, dass in der Buchung keine Adresse angegeben ist. Denn es ist in hohem Maße unwahrscheinlich, dass es 2 Familien bestehend aus 4 Personen gibt, die identische Namen haben.

Ebenso wie es einem Reisenden verwehrt ist, sich auf offensichtliche Fehler im Buchungssystem eines Reiseveranstalters zu berufen (vgl. Führich Reiserecht, 6. Aufl. 2010, R. 112), ist es der Klägerin verwehrt, sich bei einer offensichtlichen Doppelbuchung auf die Gültigkeit beider Reiseverträge zu berufen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen, weil ihr Rechtsmittel erfolglos war (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung besteht nicht, nachdem die Beschwer für eine Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 26 Nr. 8 EGZPO in der Fassung des 2. JuMoG vom 22.12.2006 nicht erreicht wird.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO). Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung.